Experten-Talk: Ist die Energiewende noch zu retten?

Experten-Talk zum Thema: "Gesundheitscheck Energiewende"

Die Mehrzahl der Deutschen steht hinter der Energiewende, dass sie wirklich gelingt glauben aber nicht alle.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Managementberatung Oliver Wyman. Experten aus Energieversorgungs- und Industrieunternehmen diskutierten auf der  22. Handelsblatt Jahrestagung Energiewirtschaft über dieses und viele weitere Ergebnisse der Untersuchung sowie die Konsequenzen für die Energiebranche. Gegenstand der Studie „Gesundheitscheck Energiewende“ ist die Wahrnehmung des neu ausgerichteten Energiesektors bei Privathaushalten, Energieversorger und Industrieunternehmen. Die Untersuchungen wurden von der  Managementberatung Oliver Wyman in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität München durchgeführt.

Energiewende stößt in Deutschland auf breite Zustimmung

Ein wesentliches Ergebnis der Untersuchung ist die überwiegend positive Wahrnehmung des neu ausgerichteten Energiesektors bei Privathaushalten sowie Energieversorgern und Industrieunternehmen. Trotz der breiten Befürwortung, glaubt die Mehrheit der Befragten nicht daran, dass die Ziele der Energiewende erreicht werden. Für anwesenden Energieexperten Dr. Marie- Luise Wolff-Hertwig (HSE AG), Dr. Christof Bauer (Evonik), Dr. Gerhard Holtmeier (Thüga) und die beiden Moderatoren Jörg Stäglich und Dr. Thomas Fritz (Oliver Wyman) ist dies kein besonders überraschendes Ergebnis.

Energiewende braucht Innovationen

Diskussionsrunde: "Geht der Energiewende das Geld aus?"„Das Glas ist halb voll und gleichzeitig halb leer“, sagt  Dr. Marie- Luise Wolff-Hertwig, Vorsitzende des Vorstands der HSE AG. Für Energieversorger sei die Energiewende eine große Anforderung: Sie erfordere einerseits den Ausbau von Effizienz und Flexibilität im Bestandsgeschäft, andererseits die Entwicklung von kundenorientieren Innovationen.

Technische Innovationen, wie Smart Grids, erscheinen dabei naheliegend, greifen aber oftmals zu kurz. Die erforderlichen Veränderung müssen bereichsübergreifend  – vom Kunden über den Ersteller bis zum Zulieferer – und hierarchieübergreifend erfolgen. „Konzepte für neue Geschäftsmodelle und Produkte können nur erfolgreich sein, wenn Sie in enger Abstimmung mit dem Kunden entstehen“, sagt Dr. Gerhard Holtmeier, Mitglied des Vorstandes der Thüga AG.

Auch bei den Industrieunternehmen wird die Energiewende kontrovers diskutiert. Die Neuausrichtung des Energiemarktes erfordere die Entwicklung neuer Produkte, erklärt Dr. Christof Bauer, Leiter Energiepolitik & Energiestrategie bei Evonik Industries AG und sei damit natürlich auch eine Chance für den Industriesektor. Beispielsweise spielten bei der Herstellung von Rotorblättern für Windkraftanlagen gleich mehrere Produkte aus dem Hause Evonik eine Rolle. Gleichzeitig müsse man aber auch mit steigenden Energiekosten umgehen.

Geht der Energiewende das Geld aus?

Die Energiewende ist ein teureres Unterfangen. Experten rechnen mit einem  Investitionsbedarf von rund 310 bis 360 Milliarden Euro bis 2030.  Dabei ist die Bereitschaft in Erneuerbare Energien zu investieren maßgeblich an die Förderung durch die Politik geknüpft; das gilt für Privathaushalte ebenso wie Industrieunternehmen. „Unsere Studie zeichnet ein klares Bild“, erklärt Thomas Fritz, Principal und Energieexperte bei Oliver Wyman. „Die Energiewende findet in Deutschland zwar großen Anklang, wird jedoch weiterhin wesentlich vom Förderregime abhängen.“

Einigkeit besteht für die Experten darin, dass die Energiewende nur dann erfolgreich sein kann, wenn alle beteiligen Akteure mitziehen. Politische Rahmenbedingungen allein sind hierbei nicht ausreichend.“Soll das Großprojekt Energiewende auch für Energieversorger ein Erfolg werden, müssen sie mit neuen Produkten und Geschäftsmodellen punkten“, betont Jörg Stäglich, Partner im Energiebereich bei Oliver Wyman. „Die Voraussetzungen für die Etablierung neuer Lösungen sind gut. Dies zeigt die breite Akzeptanz für die Energiewende in Bevölkerung und Industrie.“

Weitere Informationen zur Disskussionrunde finden Sie im Artikel: Diskussionsrunde: Gesundheitscheck Energiewende